Dokumentation 2016

Zur Konferenz “Zugang gestalten!” am 17. und 18. November  im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart in Berlin trafen sich 360 Teilnehmer zum Austausch über nachhaltige Strategien für den Zugang zum kulturellen Erbe im digitalen Zeitalter. Die 6. jährliche Konferenz “Zugang gestalten! Mehr Verantwortung für das kulturelle Erbe” fand in einer Kooperation dieser Veranstalter in statt.

Wir haben für Sie eine  Dokumentation bestehend aus

zusammengestellt.

Das Programm

Donnerstag, 17. November 2016

09:00
Registrierung

GRUßWORTE UND EINFÜHRUNG

10:00
Begrüßung
Prof. Dr. Dr. hc. mult. Hermann Parzinger
Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission
Einführung
Dr. Paul Klimpel
Leiter der Konferenzreihe 
 10.30
Keynote: Marmor, Stein und Eisen bricht
Prof. Dr. Reinhard Förtsch
IT-Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts

POLITISCHE RAHMENBEDINGUNGEN UND NACHHALTIGKEIT

„Culture matters“ schrieb Vizekommissionspräsident Andrus Ansip am 22. September in seinem Blog. Doch wie werden politisch die Rahmenbedingungen für die Nachhaltigkeit des kulturellen Erbes gesetzt, welche Rolle spielt die EU, welche der Bund und welche die Länder? Wie kann politisch dafür gesorgt werden, dass Europas reiches kulturelles Erbe sichtbar bleibt und seinen Platz in der Welt auch in der digitalen Welt weiter behaupten kann? Gibt es tatsächlich den politischen Willen, dafür die notwendigen Weichen zu stellen?
10:50
Nachhaltigkeitsaspekte in der Bundeskulturpolitik
Siegmund Ehrmann MdB vertreten durch Fabian Hucks
Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages
 11.15
Culture matters
Andrus Ansip vertreten durch Jörgen Gren
Vizepräsident der Europäischen Kommission und Kommissar für den digitalen Binnenmarkt
 11.40
Digital Curation matters
Joyce Ray
Program Coordinator and Lecturer for the Certificate in Digital Curation Program at Johns Hopkins University
12:00Mittagspause

RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN UND NACHHALTIGKEIT

Die Digitalisierung des kulturellen Erbes erfordert bislang einen sehr hohen Einsatz von Ressourcen für die Klärung des urheberrechtlichen Status von Werken – ein Unterfangen, das sich häufig als unmöglich erweist. In der „Hamburger Note zur Digitalisierung des kulturellen Erbes“ wurde auf die komplizierte Rechtesituation bei der Digitalisierung von urheberrechtlich geschützten Werken in Archiven, Bibliotheken und Museen hingewiesen. Sie war ein deutliches Plädoyer für eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Werden die Reformen, die auf Bundesebene und in der EU diskutiert werden, die Erwartungen erfüllen, wird für Museen, Archive und Bibliotheken eine Einzelfallprüfung entbehrlich werden und grundsätzlich eine Sichtbarmachung von Beständen im Internet ermöglicht?
13:00Julia Reda MdEP
Berichterstatterin für die Evaluation der Umsetzung der Urheberrechtslinie von 2001
und
Matthias Schmid
Ministerialrat, Referatsleiter Urheberrecht im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
im Gespräch mit
Prof. Dr. Eric W. Steinhauer
Verwaltungssdirektor der Fernuniversität in Hagen, Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin
und Dr. Paul Klimpel
Leiter der Konferenzreihe

PARTIZIPATION UND NACHHALTIGKEIT

Divide et impera – riet Machiavelli dem Fürsten. Immer ging es um den verbesserten Zugang zu Ressourcen, um das Ziel erreichen zu können. Keiner kann allein eine Enzyklopädie verfassen, ohne die Mitwirkung von Freiwilligen ist die Vielfalt des jüdischen Lebens in Deutschland nicht greifbar und ohne die Teilhabe von „Aficionados“ müssen Archivalien fürchten, vergessen zu werden. Die digitalen Medien und Technologien machen Teilhabe und Teilnahme einfacher möglich. Über Grenzen, Öffnungszeiten und Diplome hinweg finden in unzähligen Projekten Menschen freiwillig zusammen. Sie setzen ihre Zeit, ihr Wissen und ihre Fertigkeiten für ein gemeinsames Vorhaben ein. Doch darum geht es nicht allein. Wir fragen nach dem Spannungsverhältnis zwischen Teilhabe und Kontrolle.
Auf dem Panel diskutieren vier Frauen ganz unterschiedlicher Projekte über das Motto „divide et impera“.
14:15
Projektvorstellungen und Diskussion
Geolina163
Wikipedia-Autorin
Barbara Thiele
Jüdisches Museum Berlin
Projektleiterin »Topographie jüdischen Lebens in Deutschland«
Stefanie Schulte Strathaus
Co-Direktorin im Arsenal – Institut für Film und Videokunst e. V.
Lydia Pintscher
Community-Managerin und Produktleiterin von Wikidata
Moderation: Barbara Fischer
Kuratorin für Kulturpartnerschaften bei Wikimedia Deutschland e.V.
16.00Kaffeepause und Transfer zum Kino Arsenal am Potsdamer PLatz
Potsdamer Straße 2, 10785 Berlin

ZWISCHEN ESSIGSYNDROM UND DIGITALEM NIRWANA – FILMERBE HEUTE

Das Filmerbe ist angesichts des Übergangs zur digitalen Produktion und Distribution in zweifacher Hinsicht bedroht. Beim analogen Film droht der Verlust von Expertise und auch technischer Infrastruktur, da die Filmwirtschaft auf digitale Formate wechselt. Bei den digitalen Formaten dagegen stellen sich Fragen der nachhaltigen Sicherung neu – auch angesichts der schnellen technischen Entwicklung. Das Spannungsverhältnis von technologischer Weiterentwicklung einerseits und Langzeitarchivierung ist kein neues Phänomen. Gerade die Medienkunst ist wichtiges Beispiel dafür. Und durch den Wechsel von analogen zu digitalen Trägern stehen Archive vor enormen Herausforderungen, das Filmerbe zu erhalten. Angesichts von begrenzten Ressourcen geht es dabei auch darum, inwieweit weiter die Strukturen zur Sicherung von Filmen auf analogen Trägern aufrechterhalten werden können.
 17.00Film
“Cinema Futures” – der Film von Michael Palm thematisiert den Übergang von analogen zu digitalen Fromaten und die Folgen für die Filmarchivierung
 Pause mit Imbiss
 19.25Film
“Das Altern neuer Medien und die Kunst des Bewahrens” – ein ZKM-Werkstattbericht
 20.00Podiumsdiskussion mit

Dr. Michael Hollmann
Präsident des Bundesarchivs

Dr. Dorcas Müller
Leiterin des Labors für antiquierte Videosysteme des ZKM

Moderation: Prof. Dr. Barbara Flückiger
Professorin für Filmwissenschaften an der Universität Zürich

21.00Empfang

Freitag, 18. November 2016

09:00
Registrierung

INNOVATION UND NACHHALTIGKEIT

Das Zusammenspiel von Innovation und Nachhaltigkeit ist ein schwieriges. Nachhaltige Lösungen profitieren einerseits von Innovationen oder werden dadurch überhaupt erst möglich. Andererseits können Innovationen auch nachhaltige Strukturen in Frage stellen und zwingen zur Veränderung.
Dieses Panel ist als interdisziplinäre Veranstaltung konzipiert, um der Ambivalenz von Innovation und Nachhaltigkeit in anderen Disziplinen nachzugehen: Philosophie und Stadtplanung, Ökologie und Informationswissenschaft bilden den Rahmen. Die ambivalente Rolle von Planung soll ebenso erörtert werden wie die Frage, was Nachhaltigkeit aus unterschiedlichen Perspektiven – zeitlich wie sozial – überhaupt bedeutet.
Ziel ist es, die Erkenntnisse aus anderen Bereichen auch für den Bereich der Kunst und Kultur produktiv zu machen.
 9.30Beständigkeit trotz Wandel?
Prof. Dr. Fritz A. Reusswig
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
 9.50Planbarkeit und Nachhaltigkeit: Gedanken eines Stadtentwicklers zu einem prekären Verhältnis
Dr. Robert Kaltenbrunner
Bundesinstitut für Bau-, Stadt-, und Raumforschung
Moderation: Jürgen Keiper
IT-Projekte Deutsche Kinemathek, Fotograf

NACHHALTIGKEIT UND ZUGANG

Wenn die Verantwortung für das kulturelle Erbe eine gesellschaftliche ist, wer trägt sie dann genau und wie? Welche rollen sollten institutionen und bürger heute und in zukunft haben, wenn es um die nachhaltigkeit des zugangs zum kulturellen erbe geht?
Hier stellen sich weniger Fragen des Eigentums an Kulturobjekten, sondern der Berechtigung, den Zugang zu ihnen zu gestalten.  Dadurch entsteht die Notwendigkeit zu strategischen Weichenstellungen, wie sie noch vor wenigen Jahren kaum denkbar zu sein schienen.
 10.40Podiumsdiskussion mit

Dr. Helge David
Initiator und Gründer von Openmuseum.de

Prof. Dr. Alfried Wieczorek
Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen

Prof. Dr. Hubertus Kohle
Ludwig-Maximilians-Universität München

Tim Moritz Hector
Vorsitzender des Präsidiums von Wikimedia Deutschland

Moderation: Reinhard Altenhöner
Ständiger Vertreter der Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, SPK

 11.40 Kaffepause

EINE SCHNITTSTELLE IN DIE ZUKUNFT – NORMEN UND STANDARDS

In der digitalen Welt kommunizieren wir mit Maschinen, Maschinen kommunizieren mit uns, aber auch untereinander. Schnittstellen ermöglichen den Zugriff auf Daten, über sie erfolgt der Austausch von Daten zwischen EDV-Systemen.
Damit Schnittstellen funktionieren, der Zugriff auf Informationen aus verschiedenen Quellen möglich wird und Daten und Informationen – auch auf internationaler Ebene – miteinander verglichen werden können, ist es notwendig, auf Normdaten, Thesauri, Vokabulare, Regelwerke, Klassifikationen und Metadatenformate zurückzugreifen.
Kultur- und Wissenseinrichtungen nutzen heute eine große Vielzahl komplexer und mitunter sehr verschiedener Regelwerke zur Erschließung der Informationen. Damit es gelingen kann, all diese heterogenen Daten miteinander zu verknüpfen, und auf diesem Weg den Zugang zum kulturellen Erbe national, aber auch auf internationaler Ebene für alle Menschen erfolgreich zu gestalten, ist es dringend erforderlich, den Einsatz von Standards und Normen bei der digitalen Vernetzung des kulturellen Erbes voranzubringen.
Moderation: Frank Frischmuth
Geschäftsführer der Deutschen Digitalen Bibliothek
12.00Nachhaltige digitale Langzeitarchivierung durch Einsatz von Open-Source-Software und offenen Standards
Dr. Till Kreutzer
ifrOSS Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software
12.15Nachhaltigkeit durch Standardisierung: RDA für alle?
Renate Behrens und Stephanie Jacobs
Deutsche Nationalbibliothek
12.30Das Data Preparation-Tool – ein Werkzeug zum Mapping und Normieren von Metadaten
Oliver Götze und Wolfgang Krauth
Landesarchiv Baden-Württemberg, Archivportal-D
12.45Nachhaltigkeit durch Terminologie und gemeinsame Austauschformate
Axel Ermert
Institut für Museumsforschung – Preußischer Kulturbesitz
13.00Mittagspause

WER ARCHIVIERT DAS INTERNET?

Das Internet gilt als flüchtiges Medium. Häufig sind Links schon nach kurzer Zeit nicht mehr abrufbar. Hinzu kommt die große Menge an Informationen, von wichtigen Forschungsdaten bis zur Alltagskultur. Für die Archivierung ist das mit großen Herausforderungen verbunden. Welche Strategien gibt es? Was wird archiviert? Wie wird ausgewählt? Wer ist dafür institutionell zuständig? Wie kann die Nachhaltigkeit von Archivierung gewährleistet werden?
 14.00Konzepte und Diskussion mit

Dr. Elisabeth Niggemann
Generaldirektorin der Deutschen Nationalbibliothek

Alexis Rossi
Director of Media & Access at Internet Archive

Bert Wendland
Französische Nationalbibliothek

Dr. Jan Schallaböck
Rechtsanwalt bei iRights.Law

Moderation: Prof. Dr. Leonhard Dobusch
Universität Innsbruck

 15.30 Kaffeepause

EXKURS ZU POSTDIGITALEN ERNEUERUNGSSTRATEGIEN VON MUSEEN IM 21. JAHRHUNDERT

Die digitale Transformation zieht einen tiefgreifenden Organisationswandel für Gedächtnisorganisationen nach sich. Insbesondere Museen stehen vor der Herausforderung, sich als agile Einrichtungen zu erweisen, die in den weit verzweigten Netzwerken der Wissensgesellschaft zu agieren und dadurch den öffentlichen Bildungsauftrag zu erfüllen verstehen. Um den sich wandelnden Gewohnheiten der Besucherinnen und Besucher entgegenzukommen und ein nachhaltiges Museumserlebnis zu ermöglichen, sind viele Museen im Begriff, sich nicht nur digital, sondern auch physisch zu erweitern. Werkstätten und Labore entstehen, die zur Teilhabe an konzeptionellen und kreativen Prozessen einladen und neue Ausstellungen und Projekte ermöglichen.
Dr. Mirjam Wenzel wird am Beispiel des Pop Up Boats in Frankfurt erörtern, wie die postdigitale Erneuerungsstrategie eines Museums aussehen kann.
 15.50 Dr. Mirjam Wenzel
Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt

NACHHALTIGKEIT UND FINANZIERUNG

Die Digitalisierung des kulturellen Erbes kostet Geld. Und die weitgehende Umstellung von institutioneller Förderung auf Projektförderung widerspricht dem Bemühen um den Aufbau nachhaltiger Strukturen, die für die Erhaltung des kulturellen Erbes unumgänglich sind. Hinzu kommt die Notwendigkeit von übergreifenden Strukturen, die nicht mehr an den Grenzen der Bundesländer halt machen. Auch die Deutsche Digitale Bibliothek als bekanntestes Kulturportal wird derzeit lediglich als Projekt finanziert. Wie kann in Deutschland und angesichts der Rolle der Länder als Träger kultureller Einrichtungen eine nachhaltige Finanzierung von Strukturen zur Sicherung des kulturellen Erbes in der digitalen Zeit sichergestellt werden? Oder werden Repositorien und Projekte zur digitalen Langzeitarchivierung nach Ende der Projektförderung nicht weiterbetrieben?
 16.20Podiumsdiskussion mit

Prof. Tim Renner
Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin

Sabine Kurtz MdL
Sprecherin für Kulturpolitik und Weiterbildung der CDU-Landtagsfraktion
Baden-Württemberg

Dr. Carsten Brosda
Staatsrat der Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg

Moderation: Börries von Notz
Alleinvorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg

 17.30 Ausklang bei Wein und Brezeln